Verteidigung im Sexualstrafrecht

Wer einer Sexualstraftat verdächtigt wird sieht sich einem besonders belastenden Strafverfahren ausgesetzt. Sie sollten daher so früh wie möglich auf kompetente Hilfe zurückgreifen. Als spezialisierte Strafverteidigerin im Sexualstrafrecht verfüge ich über umfangreiches Wissen und Erfahrungen auf diesem Gebiet und vertrete Sie vor Gerichten in Leipzig und bundesweit.

Straftatbestände

Zum Sexualstrafrecht gehören einerseits die Sexualstraftaten im engeren Sinne – sog. “Hands-on-Delikte” wie sexuelle Nötigung und sexueller Missbrauch – und andererseits Pornographie-Delikte:

Sexualstrafrecht - ein Rechtsgebiet im Wandel

Dass sich das Strafrecht mit dem Zeitgeist entwickelt wird insbesondere bei den Sexualdelikten deutlich. Kein anderer Bereich des Strafrechts war in den letzten Jahrzehnten von so vielen Reformen betroffen. Während frühere Reformen vor allem den Opferschutz und die Verlängerung von Verjährungsfristen zum Inhalt hatten, ging es in den letzten Jahren zunehmend um die Bekämpfung der Pornographie-Delikte, die mit zunehmender Nutzung des Internets immer virulenter wurden. Zuletzt hat der Gesetzgeber beispielsweise den Umgang mit kinderpornographischen Inhalten zum Verbrechenstatbestand gemacht – es droht gemäß § 184b StGB bereits beim Besitz von nur einer kinderpornographischen Datei mindestens ein Jahr Freiheitsstrafe. Es gibt allerdings auch eine gute Nachricht: wer nun Beschuldigter in einem solchen Strafverfahren ist, hat Anspruch auf einen Pflichtverteidiger. Rechtsanwältin Andrea Liebscher ist spezialisiert auf Strafverteidigung im Sexualstrafrecht und steht Ihnen bei Bedarf gern zur Verfügung.

Verurteilungen in Sexualstrafverfahren 2020 in Deutschland laut Statistischem Bundesamt:

9364

Sexualstraftaten (alle)

1957

sexueller Missbrauch von Kindern

615

Vergewaltigung

Besonderheiten im Sexualstrafverfahren

Die oben genannten Straftatbestände schützen alle die sexuelle Selbstbestimmung. Die hohen Strafandrohungen im Gesetz bringen zum Ausdruck, dass der Gesetzgeber Verletzungen dieses Rechtsguts als sehr gravierend ansieht. Sexueller Missbrauch von Kindern (§ 176 StGB) weist z.B. eine Mindeststrafe von einem Jahr Freiheitsstrafe pro Tat aus; es handelt sich also um einen sogenannten Verbrechenstatbestand (§ 12 StGB). Das hat unter anderem zur Folge, dass die Ermittlungen in solchen Fällen nicht wegen Geringfügigkeit (§§ 153 f. StPO) eingestellt werden können. Aber auch in Fällen, in denen keine Mindeststrafe von einem Jahr droht (etwa beim Sexuellen Missbrauch von Schutzbefohlenen gemäß § 174 StGB: Mindeststrafe drei Monate) sind die Staatsanwaltschaften erfahrungsgemäß fast nie bereit, von der Strafverfolgung abzusehen. Auch eine Erledigung per Strafbefehl (§§ 407 ff. StPO)  – mit der eine öffentliche Hauptverhandlung vermieden werden könnte – wird in Sexualsachen, selbst wenn sie im Einzelfall zulässig wäre, fast nie von der Justiz gewählt. Kurz: wenn es einen hinreichenden Tatverdacht gibt, geht die Sache mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vor Gericht. Die Verteidigung durch eine erfahrene Anwältin für Sexualstrafrecht wird daher dringend empfohlen.

Eine weitere Besonderheit ist die sehr lange Verjährung, die dazu führt, dass auch jetzt noch Taten vor Gericht kommen, die Jahrzehnte zurück liegen. Gemäß § 78b StGB ruht die Verjährung für Missbrauchsdelikte nämlich bis zum 30. Lebensjahr des Opfers, d.h. erst dann beginnt überhaupt die Verjährungsfrist zu laufen, die dann je nach Delikt 5 bis 20 Jahre beträgt. Durch das Ruhen der Verjährung bis zum 30. Lebensjahr soll es insbesondere Opfern von sexuellem Missbrauch durch Angehörige ermöglicht werden, dieses Unrecht auch nach langer Zeit noch anzuzeigen, denn früher waren die Straftaten häufig bereits verjährt, wenn das Opfer volljährig geworden war und sich von der Familie gelöst hatte, in der es zum Missbrauch gekommen war.

Verjährung - Zeit - Sexualstrafrecht - Liebscher Strafrecht

Sexueller Missbrauch, sexuelle Nötigung, Vergewaltigung

In Strafverfahren wegen des Vorwurfs des sexuellen Missbrauchs oder der sexuellen Nötigung (hierunter fällt auch Vergewaltigung) sind in der Regel vielfältige Beweise auszuwerten, weshalb auf Sexualstrafrecht spezialisierte Strafverteidiger auch Grundkenntnisse forensischer Wissenschaften wie Rechtsmedizin und Toxikologie haben sollten.

polizeiliche Ermittlungen in Sexualstrafverfahren - Grafik - Liebscher Strafrecht

In den meisten Fällen sexueller Nötigung oder Vergewaltigung steht die Identität des Tatverdächtigen fest: so weist die Polizeiliche Kriminalstatistik für Sachsen in den letzten Jahren Aufklärungsquoten um die 90 % aus. Auch ist häufig gar nicht strittig, dass es einen Sexualkontakt zwischen Opfer und mutmaßlichem Täter gegeben hat, sondern „nur“, ob dieser einvernehmlich
stattgefunden hat oder ob ein entgegenstehender Wille des Opfers für den mutmaßlichen Täter erkennbar war – und darüber geben die objektiven Beweismittel in der Regel keine Auskunft, sondern können allenfalls Indizien sein, die im Gesamtzusammenhang gewürdigt werden müssen.

Gerade beim Vorwurf der Vergewaltigung (§ 177 Abs. 6 Nr. 1 StGB) droht eine Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren, wobei nur Freiheitsstrafen bis maximal zwei Jahren (§ 56 Abs. 2 StGB) zur Bewährung ausgesetzt werden können. Im Einzelfall kann es also von winzigen Details abhängen, ob das Gericht freispricht oder zu einer Haftstrafe verurteilt. Sie sollten daher unbedingt frühzeitig die Hilfe eines Fachanwalts für Strafrecht mit Erfahrung im Sexualstrafrecht in Anspruch nehmen.

Aussage-gegen-Aussage-Konstellationen im Sexualstrafrecht

Man darf allerdings nicht den Fehler machen zu glauben, dass „spurenarme“ Fälle leichter zu verteidigen wären. Es ist nämlich durchaus möglich, einen Angeklagten nur auf Grund der belastenden Angaben eines einzigen Zeugen zu verurteilen. In Kindesmissbrauchs-Fällen ist dies sogar eher der Regelfall.

Gerade im Sexualstrafrecht geht es oft um Sachverhalte, die sich unter vier Augen, nämlich zwischen mutmaßlichem Opfer und mutmaßlichem Täter abgespielt haben. Da in solchen Aussage-gegen-Aussage-Konstellationen besonderes Augenmerk auf die belastende Zeugenaussage gelegt wird, ist eine fundierte Kenntnis der Aussagepsychologie von erheblicher Bedeutung. Ausgangspunkt der Analyse ist immer die Unschuldsvermutung, also die sogenannte Nullhypothese, dass eine belastende Zeugenaussage nicht erlebnisbasiert ist. Nur dann, wenn die Aussage eine ganze Reihe von strengen Kriterien erfüllt, muss nach den Erkenntnissen der Rechtspsychologie davon ausgegangen werden, dass sie tatsächlich Erlebtes wiedergibt. Analysiert werden insbesondere die Aussagetüchtigkeit des Zeugen, die allererste Aussage und ihre Entwicklung im Laufe der Zeit (Aussagegenese) sowie die Aussagequalität, zu der z. B. Widerspruchsfreiheit und Detailreichtum gehören. 

Die Verteidigung muss in solchen Konstellationen, wenn der Beschuldigte den Vorwurf bestreitet, auf eine genaue Analyse der Zeugenaussagen nach aussagepsychologischen Kriterien (etwa durch Beantragung eines aussagepsychologischen Sachverständigengutachtens) hinwirken und versuchen, die Angaben des Zeugen soweit möglich anhand anderer Indizien zu überprüfen. Wenn der Beschuldigte die Tat(en) allerdings einräumt, kann durch eine geständige Einlassung, die dem Opfer eine Aussage vor Gericht erspart, in der Regel ein erheblicher Strafnachlass erreicht werden.

Verurteilte in Sexualstrafverfahren 2020 in Deutschland laut Statistischem Bundesamt:

9145

Männer (98%)

219

Frauen (2%)

Untersuchungshaft

Untersuchungshaft ist keine vorgezogene Strafe – jeder Beschuldigte bzw. Angeklagte gilt bis zu seiner rechtskräftigen Verurteilung als nicht schuldig – sondern darf nur dann zur Absicherung des Verfahrens verhängt werden, wenn einer der Haftgründe Flucht, Fluchtgefahr, Verdunkelungsgefahr oder Wiederholungsgefahr vorliegt. Gerade in Ermittlungsverfahren wegen einer Vielzahl von Kindesmissbrauchs-Taten steht regelmäßig eine mehrjährige Straferwartung (d.h. die im Fall der Verurteilung realistisch zu erwartenden Strafe) im Raum, die auf Seiten der Staatsanwaltschaft und des Haftrichters zur Annahme von Fluchtgefahr führen kann. Insbesondere, wenn sich die Missbrauchstaten in der engsten Familie zugetragen haben sollen und „bestimmte Tatsachen die Gefahr begründen, dass [der Beschuldigte] vor rechtskräftiger Aburteilung weitere erhebliche Straftaten gleicher Art begehen“ werde, wird zudem mit Wiederholungsgefahr
argumentiert. Verdunkelungsgefahr kann angenommen werden, wenn Zeugen beeinflusst oder Beweismittel vernichtet werden.

Gefängnis - Untersuchungshaft - Haftstrafe - Illustration - Liebscher Strafrecht

Untersuchungshaft in Sexualstrafverfahren 2021 in Deutschland laut Statistischem Bundesamt:

898

Flucht / Fluchtgefahr

117

Verdunkelungsgefahr

249

Wiederholungsgefahr

Ihr Anwalt im Sexualstrafrecht wird daher der Annahme von möglichen Haftgründen entgegentreten um Sie entweder aus der Untersuchungshaft herauszuholen und eine Inhaftierung von vornherein zu vermeiden.

Umgang mit pornographischen Inhalten

Die Ermittlungen in Pornographie-Verfahren sind in der Regel sehr IT-lastig. Immer mehr Verfahren beginnen, weil z.B. in sozialen Netzwerken hochgeladene Dateien von KI-gestützter Software entdeckt und gemeldet werden, sodass es gar keiner Strafanzeige durch einen menschlichen Hinweisgeber bedarf. Während Ermittlungen im persönlichen Umfeld zumeist nicht zu befürchten sind, findet in der Regel eine Durchsuchung statt. Die auffindbaren Speichermedien und internetfähigen Geräte werden sorgfältig durchsucht, und zwar meist durch externe IT-Forensiker. Schwerpunkt der Verteidigung in solchen Fällen ist meist die genaue Überprüfung des Tatnachweises anhand des vorgelegten IT-forensischen Sachverständigengutachtens.

Da die Erstellung der IT-forensischen Sachverständigengutachten in der Regel sehr lange dauert – Wartezeiten von einem Jahr sind keine Seltenheit – müssen sich Beschuldigte in diesem Bereich auf lange Verfahrensdauern einstellen. Die Zeit kann jedoch genutzt werden, z.B. in dem man therapeutische Hilfe in Anspruch nimmt. Ob das im Ihrem Fall sinnvoll ist und was Sie sonst noch tun können, um die Folgen einer Verurteilung abzumildern, sollten Sie mit einem Strafverteidiger, der im Sexualstrafrecht erfahren ist, in Ruhe besprechen.

Folgen einer Verurteilung

Bereits das Verfahren an sich kann sich negativ auf Ihre sozialen und beruflichen Kontakte auswirken. Eine rechtskräftige Verurteilung wegen eines Sexualdelikts ist zudem in den allermeisten Fällen mit einem Eintrag im Führungszeugnis verbunden sowie mit einem Vermerk nach dem Jugendarbeitsschutzgesetz, wonach Sie beruflich keine Jugendlichen beschäftigen, anweisen oder ausbilden dürfen.

Die Möglichkeit, eine Haftstrafe durch den Antritt einer Therapie völlig zu vermeiden – wie etwa im Betäubungsmittelstrafrecht – gibt es für Sexualstraftäter leider nicht. Eine Therapie kann jedoch zu einer Strafmilderung führen; insbesondere kann eine in der Haft absolvierte Sozialtherapie den Grundstein für eine vorzeitige Haftentlassung legen.

Bei der Verurteilung wegen erheblicher Sexualstraftaten kommen – insbesondere im Wiederholungsfall – ggf. auch Maßregeln der Besserung und Sicherung wie die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus (§ 63 StGB) oder in der Sicherungsverwahrung (§ 66 StGB) in Betracht. Solche Maßregeln kann ein Gericht nur auf der Grundlage eines forensisch-psychiatrischen Sachverständigengutachtens anordnen. In der Auseinandersetzung mit diesem Gutachten liegt dann regelmäßig ein Schwerpunkt der Verteidigungsarbeit.

Eine sinnvolle Verteidigungsstrategie hat immer die konkreten Umstände des Falls, die persönlichen Voraussetzungen des Beschuldigten und die drohenden Sanktionen im Blick, um das bestmögliche Ergebnis zu erzielen – sei es eine Einstellung des Verfahrens oder zumindest die Verurteilung zu einer möglichst geringen Strafe.

Ihr wichtigstes Recht

Sie haben das Recht zu schweigen und müssen auch sonst nicht an einem Ermittlungsverfahren gegen sich selbst mitwirken (Selbstbelastungsfreiheit). Maßnahmen wie körperlichen Untersuchungen, DNA-Abstrichen usw. müssen (und sollten!) Sie sich nur unterwerfen, wenn ein entsprechender richterlicher Beschluss vorliegt. Auch wenn es schwer fällt: zumindest bis man Akteneinsicht genommen und sich ein Bild vom genauen Tatvorwurf gemacht hat, ist Schweigen die allerbeste Strategie.

Lassen Sie sich insbesondere nicht zu einer Aussage verleiten, weil dies angeblich das Verfahren beschleunigt: gerade in Sexualstrafverfahren wird in der Regel sorgfältig ermittelt – eine frühe Einlassung eines Beschuldigten hat noch nie eine Staatsanwaltschaft dazu verleitet, sichergestellte Beweismittel unausgewertet zu lassen und das Verfahren zügig einzustellen. Auch wenn es unangenehm ist, Ermittlungsergebnisse abwarten zu müssen, sollten Sie auf keinen Fall ungeduldig oder unvorbereitet agieren. Nutzen Sie Ihr Recht zu schweigen!

Legen Sie Ihr Strafverfahren in die richtigen Hände